«natur ist sich selber genug»

herman de vries – der weise Psychonaut vom Steigerwald

Im Steigerwald Foto: Michael Peuckert / alamy.com

Auszug aus dem Magazin

Von Buchenblättern tropft der Regen, smaragdgrün leuchtet das Moos. Auf dem Waldboden blitzt es golden auf. Das Geheimnis offenbart sich Eingeweihten in goldenen Lettern auf unscheinbaren Steinen zwischen Moos und welken Blättern im Steigerwald: to be to be oder this – no thing. Ein Künstler hinterließ hier seine Spuren, der vom Förster die Lizenz zum Betreten des Waldesinneren hat.

Seit 46 Jahren lebt Herman de Vries mit seiner Frau Susanne im winzigen Dorf Knetzgau in der Nähe seines Freiluftateliers Steigerwald bei Bamberg. Zunächst bewohnten die beiden ein kleines Häuschen. Dann zogen sie mit Kunst und botanisch-psychonautischer Bibliothek ins leerstehende Schulhaus, das größte Gebäude im Ort. Der Künstler hat es zu etwas gebracht. Das nötigt den Dörflern Respekt ab und macht sie den stets freundlichen Naturliebhabern gewogen. Der einst mittellose Einzelgänger ist inzwischen eine hoch gehandelte Figur im Kunstbetrieb, um den sich Galerien, Museen und Sammler insbesondere in Holland, Deutschland und Frankreich reißen. Sein Renommee ermöglicht es dem 85-Jährigen, die umsichtige Archivkraft und Sekretärin Marion Reisser, eine vertraute Mitarbeiterin seit über 16 Jahren, und seit kurzem auch die Fotografin Joana Schwender zu beschäftigen.

Die Natur ist die Hauptdarstellerin seiner Kunst. Den Steinen, Hölzern, Erden und Pflanzen in ihrer volksheilkundlichen, mythologischen und auch geistbewegenden Dimension gilt seine schöpferisch sensible Aufmerksamkeit – und brachte ihm 2015 den Ruf zur Gestaltung des niederländischen Pavillons auf der Biennale in Venedig ein. to be all ways to be – ein mehrdeutiges Mantra, das ihm 1974 in Kathmandu in den Sinn kam – schrieb Herman de Vries dort mit Asche auf die Wand. Doch eins nach dem anderen. Vergegenwärtigen wir uns den Künstler und seine Kunst.

herman de vries (Hierarchien sind ihm ein Gräuel, daher schreibt er seinen Namen, Titel und Texte prinzipiell in Kleinbuchstaben) wurde 1931 im niederländischen Alkmaar geboren. Von 1961–1968 arbeitete der ausgebildete Gärtner am Institut für angewandte biologische Forschung in der Natur in Arnheim. Seit jeher galt seine Leidenschaft der Natur – und der Kunst, die ihm bereits 1954 die erste Einzelausstellung bescherte. Seine künstlerische Heimat fand er zunächst in der informellen Malerei (ein Begriff, unter dem sich abstrakte Künstler der Nachkriegszeit versammelten) und in den holländischen und deutschen Künstlerkreisen nul und Zero.

natur ist sich selber genug und soll dem menschen auch genug sein. was wir von der natur noch um uns finden können (ich sage bewusst nicht «haben»), hat keine menschlichen zufügungen nötig. sie ist sich selbst –
und für uns eine offenbarung …
herman de vries

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Claudia Müller-Ebeling

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