So lautete der Titel meines Vortrags an der Fachtagung «Nightlife & Freitzeitdrogenkonsum» Ende Januar 2019 in Luzern. An der Tagung sprach auch der Präsident der Eidgenössischen Kommission für Drogenfragen, Toni Berthel, der die Regulierung und Entkriminalisierung sämtlicher Drogen befürwortet. Die Abkehr von der gescheiterten Repressionspolitik wird heute immer populärer. Doch wie gestaltet man einen regulierten, sprich legalen Markt? Wo werden Steuern erhoben, wie hält man den Jugendschutz ein, wer übernimmt den Verkauf – Apotheken, Fachgeschäfte oder der freie Markt?
In den finstersten Jahren der Prohibition lösten die drei Buchstaben L S D bei vielen Leuten, die diese Substanz nie eingenommen hatten, buchstäblich psychotisches Verhalten aus, wie Timothy Leary es einmal treffend ausdrückte.Tatsächlich waren die «Yellow Sunshine»-Trips von damals viel stärker als die LSD-Pappen von heute. Mehrere hundert Mikrogramm pro Trip waren durchaus normal. Dass also der eine oder die andere einen schlechten Trip erwischte und «hängenblieb», kam aufgrund der prohibitionsbedingten Unwissenheit durchaus vor. Die Schreckensgeschichten wurden so lange wiederholt, bis der Durchschnittsbürger sie glaubte – und bekanntlich bleibt das Negative länger in den Köpfen.
Heute vergeht kaum ein Tag ohne Berichte zum Einsatz von Psychedelika bei Depressionen oder bei der Behandlung von Angstzuständen. Über Microdosing berichten die Mainstream-Medien regelmäßig und rundum positiv, in der Zukunftsforschung und an Trend-Instituten sind Psychedelika ebenso ein Thema wie am diesjährigen Weltwirtschaftsforum in Davos, wo man notabene über das wirtschaftliche Potenzial diskutierte. Diese Entwicklung hat einen bitteren Beigeschmack.
Als sich die Hippies in den 60er Jahren gegen den Vietnamkrieg auflehnten und sich gesellschaftlichen Zwängen entzogen, galt ihre Lieblingssubstanz LSD als Gefahr für die Gesellschaft, und die Acidheads wurden als Aussteiger kriminalisiert. Heute wird LSD als leistungssteigernde Substanz wieder gesellschaftsfähig, und MDMA, eben noch als Partydroge verteufelt, darf traumatisierten Soldaten nun als Heilmittel verabreicht werden. Da ist mir der Flower-Power-Slogan ‚Drop Acid not Bombs’ doch nach wie vor lieber.
Die positive Berichterstattung animiert viele, die noch nie (oder schon lange nicht mehr) psychoaktive Drogen konsumiert haben, zum Ausprobieren. Auch CBD ist durchaus ein Türöffner für einen vernünftigen Konsum. Leute, die niemals «gefährliches Marihuana» konsumieren würden, kaufen am Kiosk THC-arme und CBD-reiche Tabakersatzprodukte; das leichte High bekommt ihnen offenbar ganz gut. Psychedelika sind also tatsächlich in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Die nüchterne Auseinandersetzung in den Medien, die Publikationen großer Verlage und die vermehrte Zulassung psychedelischer Forschung durch die Behörden – das alles sind positive Signale. Trotzdem ist es noch ein schwieriger und langer Weg, bis psychoaktive Substanzen den Platz in unserer Gesellschaft erhalten, der ihnen gebührt: dass jeder erwachsene Mensch die Freiheit bekommt, sich mit den Substanzen zu berauschen, die er bevorzugt, gekauft im Fachgeschäft mit den nötigen Produkthinweisen, den erforderlichen Warnungen und zu einem vernünftigen Preis. Bleibt zu hoffen, dass wir dies nicht nur als schöne Theorie an Fachtagungen hören, sondern bald auch als reale Praxis erleben dürfen.
Roger Liggenstorfer, Herausgeber