«Welche Vielfalt, welche Farben, welche Formen … »

Nana Nauwald über Kunst, Schamanismus und das Bewusstseinsgewebe

Weltengeist (Ausschnitt), Mischtechnik, Pigmente auf Leinwand, 50 x 50 cm

Auszug aus dem Magazin

In der Reihe Freie Sicht auf Visionen präsentieren wir regelmäßig visionäre oder psychonautische Kunstschaffende, die uns Einblicke in ihr Werk gewähren.

Nana Nauwald ist für die psychedelische Bewegung keine Unbekannte. Ihre Bilder offenbaren lebendige und auf der Erfahrungsebene durchaus nachvollziehbare Farbwelten, welche die eigentlich unbeschreibliche psychedelische Erfahrung visuell auszudrücken vermögen. Wir wollten wissen, welcher Geist hinter dem Werk der visionären Künstlerin aus der Lüneburger Heide steckt – und erhielten verblüffende Antworten.

Du hast dich als Künstlerin und ethnografische Forscherin etabliert. Wie kam es, dass du diesen unkonventionellen Weg eingeschlagen hast?
Nana Nauwald: Ich bin schon in einem eher ungewöhnlichen Haushalt aufgewachsen, wenn man so will, der einerseits durch wenig Geld und andererseits durch sehr viel Kreativität gekennzeichnet war. Mein Vater war Künstler und hatte damals unter anderem in Berlin in einer Gruppe mit Käthe Kollwitz gearbeitet. Unser Zuhause war eine ausgebaute Scheune, die innen mit seltsamen Dingen bemalt war. Das inspiriert natürlich. Ich sollte eigentlich einen ordentlichen Beruf ergreifen – aber da sind alle Bemühungen meiner Eltern fehlgeschlagen. Ich will lieber 24 Stunden für mich arbeiten, als nur eine einzige Stunde für einen anderen. Das war mir schon immer wichtig. Außerdem war für mich der Umgang mit Farbe schon von Kindheit an von großer Bedeutung.

Und hast du denn einen «ordentlichen» Beruf erlernt?
Vor meinem Kunststudium habe ich eine Lehre als Kirchenmalerin gemacht – mein Vater fand es wichtig, dass ich eine Grundlage habe und lerne, was Farbe ist. An der Hochschule für Bildende Künste in Braunschweig habe ich im Rahmen einer längeren Gastprofessur «Rituale der Wahrnehmung» gelehrt, mit Fokus auf die Wirkung von Farben und einen veränderten Blick. Also ist ein Künstler nicht nur Wahrnehmer, sondern auch ein Wahrgeber. Und beides bedingt sich gegenseitig: Wenn ich ein Wahrgeber sein will, muss ich zuerst ein Wahrnehmer sein. Und so ist es bei mir auch mit dem kreativen Prozess: Bis ein Bild sichtbar ist, passiert ganz viel in meinem Gehirngarten. Das ist ein wunderschöner Garten, in dem ganz viele bunte Gewächse gedeihen und sprießen.

Was ist dir an einem Kunstwerk wichtig? Was macht ein Bild zum Kunstwerk?
Da halte ich es wie mein Lieblingsschamane Goethe: Ich spüre beim Betrachten von Kunstwerken, wes Geistes Kind der Mensch war, der das gemalt hat. Wenn das Bild keinen Geist hat, der mich berührt, dann kann das Bild zwar trotzdem schön sein, es ist aber für mich nicht interessant. Kunst berührt, wenn der Geist spürbar ist, mit dem jemand das Werk kreiert hat. Das ist mir wichtig zu erspüren: was für ein Geist dahinter steckt.

Nach deiner erkenntnisbasierten Philosophie besteht im Grunde alles aus Synästhesien bzw. hat jeder Sinneseindruck seine synästhetischen Entsprechungen. Kannst du das erklären?
Es ist mir zum Glück gegeben, die verschiedenen Sinneseindrücke, die ich erlebe, in Farben auszudrücken und visuell wiedergeben zu können. Wenn man sein Bewusstsein öffnet, kann man feststellen, dass auch Klänge, Blicke und Gedanken bestimmte Farben haben, es gibt ja nichts, das farblos ist – zumindest in meiner Wirklichkeit. Diese Synästhesien können wir als Kinder auch noch wahrnehmen, aber spätestens in der Schule […]

Markus Berger

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